Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und habe mir einen 300 x 300 mm Printer von Ebay für sagenhafte 140€ geschossen.
Die Bilder waren recht vielversprechend und ähnelten denen der Creality CR10S Vorlage frappierend. Das es trotzdem möglich ist fast alles falsch zu machen (oder zu fälschen..) was man falsch machen kann, soll dieser Bericht nun zeigen.
Aber alles der Reihe nach...
Kurz vor Weihnachten 2019 erreichte mich, nach kurzer Lieferzeit, der großformatige Drucker in einem ordentlichen und großen Paket. Zwei, drei Teile waren zu zu montieren, dann sollte das Ganze laufen.
Die erste Überraschung erlebte ich bei der Montage des Rahmens. Hier sollten eigentlich nur 4 Schrauben dafür sorgen, dass Portal und Basis miteinander verbunden werden. Das Metall aus dem der Alumiumrahmen bestehen soll (laut Ebay Artikelbeschreibung) fühlte sich jedoch komisch rau an und roch merkwürdig. Zudem vermisste ich die Längsschlitze eines Aluprofils. Der Magnettest bestätigte den Verdacht: es handelt sich bei diesem Drucker um ein mit Stahlrechteckprofilen geschweißten Rahmen!
Das ist nicht per se schlecht, eigentlich ist das sogar besser, wenn es denn richtig gemacht wäre. war es aber nicht.
Die Bohrungen schienen nämlich Freihand mit dem Akkuschrauber in das Metall gejagt worden zu sein. Mehr als 3 von 4 Schrauben bekam man demzufolge nicht hinein und trotzdem wackelte das Oberteil des Druckers wie der schiefe Turm von Pisa im Tornado.
Abhilfe musste her und da schien der Frankfurter Hackerspace mit seiner mechanischen Werkstatt die richtige Anlaufstelle zu sein. So bemühten sich 3-4 Leute eine Nacht lang (letztlich vergeblich) die falsch gebohrten Löcher zu korrigieren, oder sich etwas zu überlegen, wie man den schiefen und unstabilen Befestigungspunkt korrigieren könnte.
Aber damit war der Schrecken noch lange nicht zuende...
Beim ersten Testlauf rannte die X-Achse beharrlich in die falsche Richtung und ach der Extruder lief verkehrt herum. Nun hat man hier mehrere Möglichkeiten das zu korrigieren. "Normalerweise", wenn ich den Drucker von Grund auf selbst baue, würde ich hier die Laufrichtung in der Firmware invertieren. Davon wollte ich jedoch keinen Gebrauch machen, denn immerhin gab es ja eine spezielle Firmware auf dem Beistell-Gerät und wer weiß was ich sonst noch hätte alles ändern müssen (Steigung der Gewindespindeln usw).
Also öffnete ich das Gehäuse in dem sich das Controllerboard befindet, griff zur Zange und entfernte den Plastiksockel der dafür sorgt, dass der Schrittmotoranschluss verpolungssicher verbunden wird und setzte dann die Anschlüsse von X-Achse und Extruder "verkehrt herum" wieder drauf. Dann lief der Drucker zumindest so wie er sollte.
Beim Fummeln fiel mir auf, dass sich das Display mit dem Creality CTC Logo meldete. Das war natürlich schon ganz schön frech, denn ein Creality Drucker ist das mit Sicherheit nicht.
Es ist ein chinesischer Clon von einem chinesischen Clon, der dem Tevo Tornado nachempfunden ist. Aber gut, schauen wir erst einmal was uns sonst noch so erwartet.
Da mir das kleine Netzteil für ein 300x300 mm heated bed arg unterdimensioniert vorkam sorgte ich mit einem zusätzlichen externen Lüfter zunächst einmal dafür, dass zumindest die Abwärme ordentlich abgeführt werden kann.
Wer Wert auf Sicherheit legt (und wer tut das nicht bei einem 3D DIY Drucker ?) der wird verwundert das mitgelieferte Netzkabel gleich aussortieren, denn es verfügt auf der Steckerseite nicht über einen Schutzleiteranschluss. Die Buchse ist dreipolig... wer hat sich das denn ausgedacht? Lagen die irgendwo in Shenzhen noch in einer Lagerhalle herum?
Beruhigenderweise ist jedoch beim Netzteileingang der Schutzleiter durchgeführt - man muss also nur ein geeignetes Kaltgerätekabel statt des ultrakurzen mitgelieferten verwenden.
Wenden wir uns nun einmal dem heated bed zu. Der Preis hatte mich schon verwundert, dass es eine Mogelpackung war, nunja.. Wie aber sollte es möglich sein, zu diesem Betrag ein ordentliches heated bed zu integrieren? Und das entsprechende Netzteil für eine Fläche von 300x300 mm? Ein Blick auf das Netzteil verrät (wenn denn die Angaben stimmen!!!) Das wir hier 12V x 20 A also 240 W vor uns haben. Das reicht nach meiner RepRap Erfahrung nicht für einen ordentlichen Betrieb eines3D Druckers mit heated bed, vom Großformat 300x300 mm mal ganz zu schweigen. Ein stabiler Prusa i3 beispielsweise, sollte so 300W bis 350W vom Netzteil saugen können. Die 5 Schrittmotoren ziehen bis zu 2A pro Stück, macht alleine hierfür schon 120W. Das Hotend kann auf bis zu 5A kommen und das heated bed auf rund 15A. Das sind weitere 20A - also alleine dafür sind schon 240W fällig. Reicht die Leistung nicht aus, kann es zu Schrittverlusten beim verfahren kommen, meist heizt das heated bed auch nicht mehr richtig und Warping droht. 240W sind also definitiv zu knapp bemessen, wenn denn überhaupt die Angabe auf dem Netzteil stimmt, denn auch hier hat die Erfahrung gezeigt, dass bei chinesischen Fabrikaten bei der Leistungsangabe oftmals geschummelt wird. Etwas "tunen" kann man das Ganze jedoch oft mit einer überdimensionierten Kühlung, daher der große Lüfter von außen als Mod.
Der Blick auf die Unterseite der Buildplattform löst ein weiteres Rätsel hinsichtlich der Preisfindung und des eher grenzwertigen Netzteils: Es handelt sich um ein Mini PCB Board mit ca. 100 x 100 mm Kantenlänge. Isoliert ist die Unterseite natürlich auch nicht - kostet ja alles Geld. Ob das nun trotzdem funktionieren kann oder nicht, zeigten die ersten Probedrucke mit PLA und PETG- Warping an den Außenrändern das kaum in den Griff zu bekommen war. Kein Wunder- das Infrarotthermometer zeigt eindeutig, dass der Bereich oberhalb der Heizplatine 5-10 Grad wärmer ist als die Ränder. Zudem sitzt der Thermofühler direkt auf der Platine an der Unterseite. 60° Bett Temperatur werden so zu beschaulichen 35 ° an der Oberseite. Mehr als 65° habe ich auf der Druckplattform nie hinbekommen und dafür musste man die Bett Temperatur schon auf den Maximalwert von 130° einstellen. Ein neue Silikonheizmatte in 300x300 ist also schon mal bestellt. Um überhaupt eine saubere Haftung bei Objekten jenseits von 200x200mm zu erreichen, nutze ich derzeit Sprühkleber als Haftvermittler.
Die Bilder waren recht vielversprechend und ähnelten denen der Creality CR10S Vorlage frappierend. Das es trotzdem möglich ist fast alles falsch zu machen (oder zu fälschen..) was man falsch machen kann, soll dieser Bericht nun zeigen.
Aber alles der Reihe nach...
Kurz vor Weihnachten 2019 erreichte mich, nach kurzer Lieferzeit, der großformatige Drucker in einem ordentlichen und großen Paket. Zwei, drei Teile waren zu zu montieren, dann sollte das Ganze laufen.
Kann man diese Artikelbeschreibung wirklich soo falsch verstehen? |
Das ist nicht per se schlecht, eigentlich ist das sogar besser, wenn es denn richtig gemacht wäre. war es aber nicht.
Die Bohrungen schienen nämlich Freihand mit dem Akkuschrauber in das Metall gejagt worden zu sein. Mehr als 3 von 4 Schrauben bekam man demzufolge nicht hinein und trotzdem wackelte das Oberteil des Druckers wie der schiefe Turm von Pisa im Tornado.
Abhilfe musste her und da schien der Frankfurter Hackerspace mit seiner mechanischen Werkstatt die richtige Anlaufstelle zu sein. So bemühten sich 3-4 Leute eine Nacht lang (letztlich vergeblich) die falsch gebohrten Löcher zu korrigieren, oder sich etwas zu überlegen, wie man den schiefen und unstabilen Befestigungspunkt korrigieren könnte.
Und so sieht das Ganze dann von unten aus.. |
Beim ersten Testlauf rannte die X-Achse beharrlich in die falsche Richtung und ach der Extruder lief verkehrt herum. Nun hat man hier mehrere Möglichkeiten das zu korrigieren. "Normalerweise", wenn ich den Drucker von Grund auf selbst baue, würde ich hier die Laufrichtung in der Firmware invertieren. Davon wollte ich jedoch keinen Gebrauch machen, denn immerhin gab es ja eine spezielle Firmware auf dem Beistell-Gerät und wer weiß was ich sonst noch hätte alles ändern müssen (Steigung der Gewindespindeln usw).
Also öffnete ich das Gehäuse in dem sich das Controllerboard befindet, griff zur Zange und entfernte den Plastiksockel der dafür sorgt, dass der Schrittmotoranschluss verpolungssicher verbunden wird und setzte dann die Anschlüsse von X-Achse und Extruder "verkehrt herum" wieder drauf. Dann lief der Drucker zumindest so wie er sollte.
War nicht ganz sooo mühelos durch das Stahlblech hiermit zu kommen, aber letztlich... |
...Lochsäge sei Dank, haben wir nun richtig Frischluft im Gehäuse |
Beim Fummeln fiel mir auf, dass sich das Display mit dem Creality CTC Logo meldete. Das war natürlich schon ganz schön frech, denn ein Creality Drucker ist das mit Sicherheit nicht.
Einfach mal die Creality Firmware gerippt - Chinesen kopieren Chinesen. Seufz... |
Besser ist das. Powerlüfter von außen zusätzlich montiert |
LED Leiste als Mod oben provisorisch mit Klebeband fixiert. |
Wer Wert auf Sicherheit legt (und wer tut das nicht bei einem 3D DIY Drucker ?) der wird verwundert das mitgelieferte Netzkabel gleich aussortieren, denn es verfügt auf der Steckerseite nicht über einen Schutzleiteranschluss. Die Buchse ist dreipolig... wer hat sich das denn ausgedacht? Lagen die irgendwo in Shenzhen noch in einer Lagerhalle herum?
Beruhigenderweise ist jedoch beim Netzteileingang der Schutzleiter durchgeführt - man muss also nur ein geeignetes Kaltgerätekabel statt des ultrakurzen mitgelieferten verwenden.
Hmm, irgendwie fehlt hier doch was? (Schutzleiter!) |
Zum Glück ist der Schutzleiter bei der Buchse des Netzteil durchgeführt. Also ist nur Kabel wechseln angesagt. |
Sieht doch jetzt ganz gut aus? |
Mehr ein Kaffeetassenwärmer als ein heated bed.... |
Das Druckbett: Geliefert wird eine mit Bluetape beklebte Glasplatte mit abgerundeten Kanten. Die Haftung ist aufgrund der zuvor beschriebenen schwachbrünstigen Heizung nicht gut. Ein weiteres Problem ist das kippelige Bett. Die Führung der Y-Achse hat so viel Spiel, dass beim Druck auf eine Ecke, die diagonale Ecke 2-3mm kippt. So ist natürlich keinerlei vernünftiges Bedleveling und der Druck von großen Körpern möglich.
Ich habe mir daher eine zusätzliche Führungsschiene gebaut und so das Kippen stark eingeschränkt.
Weiterhin ist der Riemenspanner für die X-Achse nicht zu gebrauchen. Er wurde durch ein Modell von Thingiverse ersetzt. Jetzt druckt er Kreise auch mal endlich rund!
Der Endstophalter für die Z-Achse ist denkbar ungünstig plaziert. Die Achse setzt gerne mal auf, der über die Verschraubung vorzunehmende Einstellbereich ist nur minimal. Ich habe mir einen einstellbaren Z-Achsen Stop entworfen.
Das Bett habe ich in diesem Zuge durch untergelegte, gedruckte Adapter um 5mm angehoben. Jetzt ist dort alles gut!
Die Adapter werde ich später nochmal überarbeiten, damit mir auf der Y-Achse die vollen 300 mm wieder zur Verfügung stehen. Wir erinnern uns: Durch die Befestigung mit Winkeln hatte der Drucker ca. 35mm Druckbereich bei der Y-Achse verloren da ich den Aufbau etwas vorsetzen musste um neue Löcher bohren zu können.
Vorläufiges Fazit:
Wer gerne bastelt, relativ gut mit mechanischen und elektrischen Werkzeugen ausgestattet ist und sich bis herunter zur Firmware auskennt, bekommt für 140€ einen nicht funktionsfähigen 3D Drucker im Großformat, bei dem er erst mal Hand anlegen muss. Früher musste ich alleine für die Schrittmotoren und das RAMPS Board so viel ausgeben. So gesehen, ist der Rest vormontiertes Sahnehäubchen.
Kaum ein fertig konfigurierter 3D Drucker kann man auch heute noch direkt ohne Mods betreiben, wenn man Ansprüche hat. So gesehen ist Basteln heute noch obligatorisch.
Wer aber einen 3D Drucker sucht mit dem er einfach loslegen kann, ist hier definitiv falsch aufgehoben. Die Fehler die die lieblosen Hersteller dieses Clons gemacht haben sind teilweise knifflig und für einen Einsteiger nur mit hohem Aufwand nachvollziehbar. Da lohnt es sich eher 200 bis 300€ mehr auszugeben und auf den Tevo Tornado oder den Creality CR10s zu setzen. Auch hier wird nicht alles perfekt sein, aber die Basis ist doch wesentlich solider und Nacharbeiten halten sich in Grenzen.
You get what you pay for!
Bei einem Preis von 140€ darf man sich hier nicht beschweren, mehr ist da einfach nicht drin. Trotzdem sehr unschön die falschen Versprechungen und Lügen des unbekannten Herstellers hinsichtlich der technischen Daten und der Features. Es ist eben kein Aluminiumrahmen, sondern billigst geschweißtes Stahlrohrprofil. Schief gebohrt und mit einem unangenehm riechendem matten schwarzen Lack "veredelt". Das mitgelieferte Kabel verfügt nicht über einen Schutzleiter - das ist ein No-Go für unbedarfte Einsteiger!
Ohne Autobedleveling sind solche großen Formate wie 300x300 fast nicht zu beherrschen. da bräuchte es schon mechanisch absolut spielfreie Führungen. Das aber kann man hier nicht erwarten. Die Druckplattform kippt um gute 2-3mm bei Belastungen, an einer Ecke an der anderen Seite weg.
Wenn jedoch der Geldbeutel knapp und die Vorkenntnisse solide sind, dann kann man sich dieses Abenteuer antun.
Würde ich mir so einen Drucker nochmal kaufen ?
Nein.
Lieber für das Geld einen soliden Prusa i3 Clone mit 210x210 mm Druckbereich ausgeben. Es hat mir jetzt auch Spaß gemacht, mal wieder zu basteln, aber wenn es ein zuverlässiger Drucker sein soll, dann auf keinen Fall diesen namenlosen Clon eines Clons eines CR10s!
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Vielen Dank für deinen Beitrag auf meinem 3D Drucker Blog.
Ich kümmere mich um die Freischaltung. Bitte habe Verständnis, wenn es mal ein wenig dauert, da ich dies in meiner Freizeit mache!
Marcel